Marktplatz-Urteil – keine unentgeltliche Wertabgabe bei Entnahme in bzw. Verwendung für den hoheitlichen Bereich
In seinem Urteil vom 03.03.2011 (V R 23/10) hat der Bundesfinanzhof (BFH) einer Stadt einen anteiligen Vorsteuerabzug aus den Sanierungskosten eines Marktplatzes zugestanden. Bahnbrechend sind jedoch die Ausführungen des BFH zu unentgeltlichen Wertabgaben von juristischen Personen des öffentlichen Rechts.
Unternehmer können umsatzsteuerlich auch nur teilweise unternehmerisch genutzte Gegenstände voll ihrem Unternehmen zuordnen und dadurch in vollem Umfang zum Vorsteuerabzug berechtigt sein. Für den Teil, der für unternehmensfremde Zwecke verwendet wird, hat der Unternehmer aber eine Entnahme nach den Vorschriften zur unentgeltlichen Wertabgabe zu versteuern. Der BFH sagt nun in seinem Urteil, dass Privatentnahmen in diesem Sinn aber nur Entnahmen für den privaten Bedarf des Unternehmers als natürlicher Person seien und – unabhängig von der Rechtsform des Unternehmens – für den privaten Bedarf seines Personals, nicht dagegen eine Verwendung für z. B. ideelle Zwecke eines Vereins oder den Hoheitsbereich einer juristischen Person des öffentlichen Rechts.
Im Streitfall habe die Stadt den sanierten Marktplatz sowohl für nichtwirtschaftliche Zwecke als auch für Zwecke einer steuerpflichtigen wirtschaftlichen Tätigkeit genutzt (gemischte Nutzung), so der Bundesfinanzhof. Die nichtwirtschaftliche Tätigkeit der Stadt sei die Verwendung des Marktplatzes für Hoheitszwecke (Unterhalten als Straßenbaulastträger). Diese nichtwirtschaftliche Tätigkeit der Stadt stelle keine Verwendung für eine Privatentnahme i. S. v. § 3 Abs. 1 b und Abs. 9 a UStG dar, weshalb eine volle Zuordnung des Marktplatzes zum Unternehmen und damit ein Vorsteuerabzug in vollem Umfang nicht möglich seien. Die Stadt sei deshalb nur zum anteiligen Vorsteuerabzug berechtigt. Welcher Aufteilungsmaßstab zu verwenden sei, müsse das Finanzgericht durch weitere Sachverhaltsfeststellungen entscheiden. Geeignet sei zum Beispiel die Anzahl der Nutzungstage des Marktplatzes für den Marktbetrieb im Kalenderjahr.
Praxishinweis:
Die Auffassung des Bundesfinanzhofs, dass bei einer juristischen Person des öffentlichen Rechts die Entnahme eines Gegenstandes aus deren wirtschaftlichem Unternehmen in den hoheitlichen Bereich bzw. die nichtwirtschaftliche (hoheitliche) Verwendung eines auch wirtschaftlich genutzten Gegenstandes keine unentgeltliche Wertabgabe darstellt, widerspricht der Auffassung der Finanzverwaltung (Abschnitt 15.19 Abs. 3 Nr. 1 UStAE oder Abschnitt 3.4 Abs. 6 UStAE).
Wenn die Besteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe nicht möglich ist, kommen bei einer notwendigen Vorsteuerkorrektur nur die Vorschriften des § 15a UStG zur Anwendung. Diese sind aber nur innerhalb der in § 15a UStG genannten Fristen möglich, also fünf Jahre bei beweglichen Wirtschaftsgütern und zehn Jahre bei Grundstücken und Gebäuden.